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ECHO DER ZEIT
Interview
2023

ECHO DER ZEIT
Interview
, 2023

Inter­view im Echo der Zeit von Radio SRF, 13.03.2023

Woh­nungs­not vs. CO2: «Es werden zu viele Gebäude abge­ris­sen»

Bei der Dis­kus­sion um Wohn­raum in der Schweiz geht oft ver­ges­sen, dass Bauen mit Beton das Klima stark belas­tet. Neu­bau­ten haben eine schlechte CO2-Bilanz. Die Bau­bran­che müsse sich in Zeiten des Kli­ma­wan­dels neu erfin­den, sagt Sarah Barth. Die Archi­tek­tin ist Teil des Basler Kol­lek­tivs Count­down 2030, ein Verein, der sich für kli­ma­freund­li­ches Bauen ein­ge­setzt.

Mode­ra­tor Roger Bränd­lin: Alles spricht momen­tan von Woh­nungs­not, die Schweiz brau­che mehr Wohn­raum. Was ist die Lösung? Mehr Bauen natür­lich. Alte Häuser werden abge­ris­sen um neue zu Bauen. Mit mehr Woh­nun­gen drin. Und das mög­lichst schnell. Bei dieser Dis­kus­sion geht oft ver­ges­sen, dass vor Allem das Bauen mit Beton, das Klima stark belas­tet. Neu­bau­ten haben gene­rell eine schlechte CO2-Bilanz. Die Bau­bran­che müsse sich in Zeiten des Kli­ma­wan­dels neu erfin­den, in der Schweiz würden viel zu viele Gebäude abge­ris­sen. Diese Hal­tung ver­tritt die Basler Archi­tek­tin Sarah Barth. Sie hat vor drei Jahren in Basel zusam­men mit einer Gruppe Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen den Verein «Count­down 2030» gegrün­det, der sich für kli­ma­freund­li­ches Bauen ein­setzt. Die aktu­elle Dis­kus­sion über Woh­nungs­not bereite ihr Sorgen, sagte mir die Archi­tek­tin im Gespräch.

Sarah Barth: Diese Dis­kus­sion macht mir sehr Sorgen. Denn «Woh­nungs­not», das klingt sehr alar­mis­tisch. Und die Not recht­fer­tigt auch pro­ble­ma­ti­sche Mass­nah­men, bei­spiels­weise die För­de­rung von Ersatz­neu­bau­ten oder den schnel­le­ren und leich­te­ren Abriss von Gebäu­den. Aber auch die Schwä­chung von Denk­mal und Natur­schutz oder die Locke­rung von Miet­recht. Gegen­über der Woh­nungs­not haben wir jedoch eine Kli­ma­krise. Und diese Kli­ma­krise die hat eine sehr, sehr grosse Dimen­sion die so gross ist, dass wir sie nicht ein­fach aus­blen­den dürfen in der aktu­el­len Debatte.

R.B. Tat­sa­che ist: Es braucht schnell neue und auch güns­tige Woh­nun­gen, weil auch die Mieten immer mehr stei­gen. Kann das auch kli­ma­freund­lich gesche­hen?

S.B. Eigent­lich ist der Mangel an Wohn­raum ein Ver­teil­pro­blem. Der durch­schnitt­li­che Bewoh­ner oder die durch­schnitt­li­che Bewoh­ne­rin in der Schweiz hat knapp 50 m2 Wohn­raum zur Ver­fü­gung. Hin­ge­gen haben Per­so­nen über 65 im Durch­schnitt über 70 m2 Wohn­raum für sich. Es ist also vor Allem auch ein Woh­nungs­man­gel für die jün­ge­ren Bewoh­ne­rin­nen und Bewoh­ner.

R.B. Aber sie wollen damit sagen, wenn man kli­ma­freund­lich bauen will, dann bedeu­tet das in der Kon­se­quenz auch, dass man auch mit weni­ger Wohn­raum aus­kom­men muss?

S.B. Selbst wenn wir eine Zehn-Mil­lio­nen-Schweiz hätten, dann hätte immer noch jede Person die in der Schweiz wohnt, 41 m2 Wohn­raum zur Ver­fü­gung, ohne dass wir eine ein­zige neue Woh­nung bauen müss­ten. Dann hat man zu zweit eine über 80 m2 grosse Woh­nung für sich. Den­noch ist es natür­lich so, dass wir neuen oder ande­ren Wohn­raum brau­chen. An Orten wo viel­leicht heute keine Woh­nun­gen stehen Die Leute lassen sich nicht gleich­mäs­sig über die Schweiz ver­tei­len. Es ist wich­tig, wo die Arbeits­plätze sind, wo man wohnen möchte und viele wei­tere Aspekte.

R.B. Ich komme auf meine ursprüng­li­che Frage zurück: Wenn wir kli­ma­freund­lich bauen wollen, ohne dass wir neue Beton­bau­ten machen: Wie soll das gesche­hen?

S.B. Ganz zen­tral für das kli­ma­freund­li­che Bauen ist der Umbau. Das heisst die bestehen­den Gebäude nicht Abreis­sen und auf der grünen Wiese, respek­tive in der leeren Bau­grube ein neues Gebäude auf­zie­hen. Sie haben vorhin den Beton ange­spro­chen: Das ist ein gros­ser Trei­ber. Dort drin ist sehr viel Ener­gie gespei­chert, die soge­nannte «Graue Ener­gie». Die «Graue Ener­gie» ist die Ener­gie, die ver­wen­det wird, um ein Pro­dukt her­zu­stel­len. Heute können Gebäude eigent­lich kli­ma­neu­tral betrie­ben werden. Für die Hei­zung können wir bei­spiels­weise Solar­ener­gie nutzen und mit Pho­to­vol­taik Strom erzeu­gen. Für das Erstel­len hin­ge­gen haben wir noch keine Lösung. Man kann heute ein Gebäude kaum kli­ma­neu­tral erstel­len. Das heisst der Umbau ist ein abso­lut ent­schei­den­der Schlüs­sel zur Kli­ma­neu­tra­li­tät.

R.B. Könnte es sein, dass man irgend­wann kli­ma­neu­tral bauen kann und es jetzt eigent­lich nur darum geht, darauf zu warten?

S.B. Das kann sein. Es ist aber auf jeden Fall so, dass wir aktu­ell an einem Punkt sind, wo wir heute reagie­ren müssen. Wir können nicht mehr länger warten! Wir steu­ern auf eine Kli­ma­ka­ta­stro­phe zu und den Abbruch zu ver­hin­dern ist ein gros­ser Hebel. Zudem es ist ein gros­ser Hebel, den wir sofort anwen­den können.

R.B. Wenn wir die bestehende Struk­tur wei­ter­ver­wen­den wollen, also Umbauen statt Neu­bauen, können Sie uns ein Bei­spiel machen wie das dann auch wirk­lich zu mehr Wohn­raum führen kann?

S.B. Es gibt sehr gute Bei­spiele aus diesem Bereich: Ich möchte hier exem­pla­risch ein Kran­ken­haus in Basel her­vor­he­ben, wel­ches in den 60er Jahren gebaut wurde. Der Abbruch war schon beschlos­sen und dann hat sich eine Gruppe zusam­men­ge­tan um dieses Kran­ken­haus zu Wohn­raum umge­baut. Heute sind dort 130 Woh­nun­gen ent­stan­den.

R.B. Was macht das mit einer Stadt? Wie sieht die Archi­tek­tur aus, wenn man das kon­se­quent wei­ter­denkt? Patch-work-archi­tek­tur wie ein Fli­cken­tep­pich?

S.B. Die Schweiz liebt es sehr sauber in ganz vielen Berei­chen. Und ich glaube tat­säch­lich, dass wir neue Seh­ge­wohn­hei­ten lernen müssen. Wenn man hun­dert Jahre zurück denkt an die klas­si­sche Moderne, dann gab es damals auch einen gros­sen Wandel in der Ästhe­tik, im Aus­druck der Gebäude. Damals wurde erst­mals der Beton ver­brei­tet ange­wandt. Es gab vor der Moderne Pro­bleme mit der Hygiene, auch damals war die Woh­nungs­not ein ganz gros­ses Thema und es gab auch die The­ma­tik der Indus­trie in unmit­tel­ba­rer nähe zum Wohnen. Und heute haben wir ein­fach ganz andere Pro­bleme. Wir haben mit diesem Kli­ma­wan­del ein so domi­nan­tes Pro­blem, dass wir nicht mit der bestehen­den Ästhe­tik weiter machen können. Und ich würde das gar nicht als Ver­lust sehen. Ich denke es ist das Gegen­teil. Diese neuen Pro­bleme werden zu neuen gestal­te­ri­schen Lösun­gen führen und das ist auch sehr span­nend, sich als Archi­tek­tin oder Archi­tekt damit aus­ein­an­der zu setzen. 

R.B. Und warum machen das Archi­tek­tin­nen und Archi­tek­ten nicht? Warum geschieht nicht mehr in diesem Bereich? Die Bau­bran­che müsste umden­ken, aber das geschieht nicht.

S.B. Das ganze System ist heute sehr stark auf Neubau ein­ge­rich­tet. Die ganzen Normen ent­spre­chen dem Neubau, die ganze Aus­bil­dung ist in diesem Bereich. Auch Banken kennen die Finan­zie­rung des Neu­baus viel besser, sie wissen wie es funk­tio­niert und es gibt dort ein­fach mehr Erfah­rung. Und den Umbau, den muss man lernen. Und die Moti­va­tion ist natür­lich sehr unter­schied­lich, je nach dem mit wem man spricht. Bei den Archi­tek­ten ist das Hono­rar häufig an die Bau­summe geknüpft. Das heisst, wenn ein Gebäude teurer wird, ver­dient auch der Archi­tekt mehr. Bei Umbau ist es jedoch so, dass die Pla­nung im Ver­hält­nis auf­wän­di­ger ist, der Bau jedoch im Ver­hält­nis güns­ti­ger. Das heisst, es ist aus unser Berufs­bran­che gar nicht so attrak­tiv, einen Umbau vor­zu­schla­gen. Es gibt Fehl­an­reize im System und diese müssen aktu­ell über­ar­bei­tet werden.

R.B. Was schla­gen Sie vor? 

S.B. In grös­se­rem Kon­text wäre eine CO2 Besteue­rung natür­lich sehr hilf­reich, auch in ande­ren Berei­chen als dem Bauen. Denn dies würde den Umbau gegen­über dem Neubau pri­vi­le­gie­ren. Alles was schon gebaut wäre müsste ja nicht noch mal besteu­ert werden, hin­ge­gen würde bei neuen Bau­stof­fen eine CO2 Steuer anfal­len. Das zweite, was sehr hilf­reich wäre, wäre eine Ver­teue­rung der Depo­nien. Diese sind ein gros­ses Pro­blem: Wir haben in der Schweiz nicht genü­gen Depo­nien und es ist den­noch sehr güns­tig aktu­ell, Bau­schutt abzu­la­den. Wenn dies teurer wäre, würde das auch den Abbruch ver­teu­ern.

Inter­view im Echo der Zeit von Radio SRF, 13.03.2023

Woh­nungs­not vs. CO2: «Es werden zu viele Gebäude abge­ris­sen»

Bei der Dis­kus­sion um Wohn­raum in der Schweiz geht oft ver­ges­sen, dass Bauen mit Beton das Klima stark belas­tet. Neu­bau­ten haben eine schlechte CO2-Bilanz. Die Bau­bran­che müsse sich in Zeiten des Kli­ma­wan­dels neu erfin­den, sagt Sarah Barth. Die Archi­tek­tin ist Teil des Basler Kol­lek­tivs Count­down 2030, ein Verein, der sich für kli­ma­freund­li­ches Bauen ein­ge­setzt.

Mode­ra­tor Roger Bränd­lin: Alles spricht momen­tan von Woh­nungs­not, die Schweiz brau­che mehr Wohn­raum. Was ist die Lösung? Mehr Bauen natür­lich. Alte Häuser werden abge­ris­sen um neue zu Bauen. Mit mehr Woh­nun­gen drin. Und das mög­lichst schnell. Bei dieser Dis­kus­sion geht oft ver­ges­sen, dass vor Allem das Bauen mit Beton, das Klima stark belas­tet. Neu­bau­ten haben gene­rell eine schlechte CO2-Bilanz. Die Bau­bran­che müsse sich in Zeiten des Kli­ma­wan­dels neu erfin­den, in der Schweiz würden viel zu viele Gebäude abge­ris­sen. Diese Hal­tung ver­tritt die Basler Archi­tek­tin Sarah Barth. Sie hat vor drei Jahren in Basel zusam­men mit einer Gruppe Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen den Verein «Count­down 2030» gegrün­det, der sich für kli­ma­freund­li­ches Bauen ein­setzt. Die aktu­elle Dis­kus­sion über Woh­nungs­not bereite ihr Sorgen, sagte mir die Archi­tek­tin im Gespräch.

Sarah Barth: Diese Dis­kus­sion macht mir sehr Sorgen. Denn «Woh­nungs­not», das klingt sehr alar­mis­tisch. Und die Not recht­fer­tigt auch pro­ble­ma­ti­sche Mass­nah­men, bei­spiels­weise die För­de­rung von Ersatz­neu­bau­ten oder den schnel­le­ren und leich­te­ren Abriss von Gebäu­den. Aber auch die Schwä­chung von Denk­mal und Natur­schutz oder die Locke­rung von Miet­recht. Gegen­über der Woh­nungs­not haben wir jedoch eine Kli­ma­krise. Und diese Kli­ma­krise die hat eine sehr, sehr grosse Dimen­sion die so gross ist, dass wir sie nicht ein­fach aus­blen­den dürfen in der aktu­el­len Debatte.

R.B. Tat­sa­che ist: Es braucht schnell neue und auch güns­tige Woh­nun­gen, weil auch die Mieten immer mehr stei­gen. Kann das auch kli­ma­freund­lich gesche­hen?

S.B. Eigent­lich ist der Mangel an Wohn­raum ein Ver­teil­pro­blem. Der durch­schnitt­li­che Bewoh­ner oder die durch­schnitt­li­che Bewoh­ne­rin in der Schweiz hat knapp 50 m2 Wohn­raum zur Ver­fü­gung. Hin­ge­gen haben Per­so­nen über 65 im Durch­schnitt über 70 m2 Wohn­raum für sich. Es ist also vor Allem auch ein Woh­nungs­man­gel für die jün­ge­ren Bewoh­ne­rin­nen und Bewoh­ner.

R.B. Aber sie wollen damit sagen, wenn man kli­ma­freund­lich bauen will, dann bedeu­tet das in der Kon­se­quenz auch, dass man auch mit weni­ger Wohn­raum aus­kom­men muss?

S.B. Selbst wenn wir eine Zehn-Mil­lio­nen-Schweiz hätten, dann hätte immer noch jede Person die in der Schweiz wohnt, 41 m2 Wohn­raum zur Ver­fü­gung, ohne dass wir eine ein­zige neue Woh­nung bauen müss­ten. Dann hat man zu zweit eine über 80 m2 grosse Woh­nung für sich. Den­noch ist es natür­lich so, dass wir neuen oder ande­ren Wohn­raum brau­chen. An Orten wo viel­leicht heute keine Woh­nun­gen stehen Die Leute lassen sich nicht gleich­mäs­sig über die Schweiz ver­tei­len. Es ist wich­tig, wo die Arbeits­plätze sind, wo man wohnen möchte und viele wei­tere Aspekte.

R.B. Ich komme auf meine ursprüng­li­che Frage zurück: Wenn wir kli­ma­freund­lich bauen wollen, ohne dass wir neue Beton­bau­ten machen: Wie soll das gesche­hen?

S.B. Ganz zen­tral für das kli­ma­freund­li­che Bauen ist der Umbau. Das heisst die bestehen­den Gebäude nicht Abreis­sen und auf der grünen Wiese, respek­tive in der leeren Bau­grube ein neues Gebäude auf­zie­hen. Sie haben vorhin den Beton ange­spro­chen: Das ist ein gros­ser Trei­ber. Dort drin ist sehr viel Ener­gie gespei­chert, die soge­nannte «Graue Ener­gie». Die «Graue Ener­gie» ist die Ener­gie, die ver­wen­det wird, um ein Pro­dukt her­zu­stel­len. Heute können Gebäude eigent­lich kli­ma­neu­tral betrie­ben werden. Für die Hei­zung können wir bei­spiels­weise Solar­ener­gie nutzen und mit Pho­to­vol­taik Strom erzeu­gen. Für das Erstel­len hin­ge­gen haben wir noch keine Lösung. Man kann heute ein Gebäude kaum kli­ma­neu­tral erstel­len. Das heisst der Umbau ist ein abso­lut ent­schei­den­der Schlüs­sel zur Kli­ma­neu­tra­li­tät.

R.B. Könnte es sein, dass man irgend­wann kli­ma­neu­tral bauen kann und es jetzt eigent­lich nur darum geht, darauf zu warten?

S.B. Das kann sein. Es ist aber auf jeden Fall so, dass wir aktu­ell an einem Punkt sind, wo wir heute reagie­ren müssen. Wir können nicht mehr länger warten! Wir steu­ern auf eine Kli­ma­ka­ta­stro­phe zu und den Abbruch zu ver­hin­dern ist ein gros­ser Hebel. Zudem es ist ein gros­ser Hebel, den wir sofort anwen­den können.

R.B. Wenn wir die bestehende Struk­tur wei­ter­ver­wen­den wollen, also Umbauen statt Neu­bauen, können Sie uns ein Bei­spiel machen wie das dann auch wirk­lich zu mehr Wohn­raum führen kann?

S.B. Es gibt sehr gute Bei­spiele aus diesem Bereich: Ich möchte hier exem­pla­risch ein Kran­ken­haus in Basel her­vor­he­ben, wel­ches in den 60er Jahren gebaut wurde. Der Abbruch war schon beschlos­sen und dann hat sich eine Gruppe zusam­men­ge­tan um dieses Kran­ken­haus zu Wohn­raum umge­baut. Heute sind dort 130 Woh­nun­gen ent­stan­den.

R.B. Was macht das mit einer Stadt? Wie sieht die Archi­tek­tur aus, wenn man das kon­se­quent wei­ter­denkt? Patch-work-archi­tek­tur wie ein Fli­cken­tep­pich?

S.B. Die Schweiz liebt es sehr sauber in ganz vielen Berei­chen. Und ich glaube tat­säch­lich, dass wir neue Seh­ge­wohn­hei­ten lernen müssen. Wenn man hun­dert Jahre zurück denkt an die klas­si­sche Moderne, dann gab es damals auch einen gros­sen Wandel in der Ästhe­tik, im Aus­druck der Gebäude. Damals wurde erst­mals der Beton ver­brei­tet ange­wandt. Es gab vor der Moderne Pro­bleme mit der Hygiene, auch damals war die Woh­nungs­not ein ganz gros­ses Thema und es gab auch die The­ma­tik der Indus­trie in unmit­tel­ba­rer nähe zum Wohnen. Und heute haben wir ein­fach ganz andere Pro­bleme. Wir haben mit diesem Kli­ma­wan­del ein so domi­nan­tes Pro­blem, dass wir nicht mit der bestehen­den Ästhe­tik weiter machen können. Und ich würde das gar nicht als Ver­lust sehen. Ich denke es ist das Gegen­teil. Diese neuen Pro­bleme werden zu neuen gestal­te­ri­schen Lösun­gen führen und das ist auch sehr span­nend, sich als Archi­tek­tin oder Archi­tekt damit aus­ein­an­der zu setzen. 

R.B. Und warum machen das Archi­tek­tin­nen und Archi­tek­ten nicht? Warum geschieht nicht mehr in diesem Bereich? Die Bau­bran­che müsste umden­ken, aber das geschieht nicht.

S.B. Das ganze System ist heute sehr stark auf Neubau ein­ge­rich­tet. Die ganzen Normen ent­spre­chen dem Neubau, die ganze Aus­bil­dung ist in diesem Bereich. Auch Banken kennen die Finan­zie­rung des Neu­baus viel besser, sie wissen wie es funk­tio­niert und es gibt dort ein­fach mehr Erfah­rung. Und den Umbau, den muss man lernen. Und die Moti­va­tion ist natür­lich sehr unter­schied­lich, je nach dem mit wem man spricht. Bei den Archi­tek­ten ist das Hono­rar häufig an die Bau­summe geknüpft. Das heisst, wenn ein Gebäude teurer wird, ver­dient auch der Archi­tekt mehr. Bei Umbau ist es jedoch so, dass die Pla­nung im Ver­hält­nis auf­wän­di­ger ist, der Bau jedoch im Ver­hält­nis güns­ti­ger. Das heisst, es ist aus unser Berufs­bran­che gar nicht so attrak­tiv, einen Umbau vor­zu­schla­gen. Es gibt Fehl­an­reize im System und diese müssen aktu­ell über­ar­bei­tet werden.

R.B. Was schla­gen Sie vor? 

S.B. In grös­se­rem Kon­text wäre eine CO2 Besteue­rung natür­lich sehr hilf­reich, auch in ande­ren Berei­chen als dem Bauen. Denn dies würde den Umbau gegen­über dem Neubau pri­vi­le­gie­ren. Alles was schon gebaut wäre müsste ja nicht noch mal besteu­ert werden, hin­ge­gen würde bei neuen Bau­stof­fen eine CO2 Steuer anfal­len. Das zweite, was sehr hilf­reich wäre, wäre eine Ver­teue­rung der Depo­nien. Diese sind ein gros­ses Pro­blem: Wir haben in der Schweiz nicht genü­gen Depo­nien und es ist den­noch sehr güns­tig aktu­ell, Bau­schutt abzu­la­den. Wenn dies teurer wäre, würde das auch den Abbruch ver­teu­ern.

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